Loewenmut

Das Fanzine für alle Löwenfans und den Rest der Welt

Aus Heft 6: Lach- und Sachgeschichten mit dem Löwen

Delegiertenversammlung vom 23.10.06

»Liebe Delegierte, wir haben ein Problem.« Diesem Satz wird wohl für immer ein Platz in den Annalen des TSV 1860 zukommen. Mit diesen Worten eröffnete Präsident Lehner sein Geständnis, dass die Versammlungseinladungen zu spät verschickt worden wären und daher die Versammlung nicht beschlussfähig sei. Es folgte ein ziemlich peinliches Hin-und-Her zwischen Lehner und dem Wahlausschussvorsitzenden Volkmann, wer dies jetzt zu verantworten habe. Vizepräsident Hauner zeigte als einziger so etwas wie Größe, indem er öffentlich die Verantwortung für dieses Debakel übernahm. In mehreren Wortmeldungen wurde debattiert, ob man dennoch Abstimmungen durchführen solle oder nicht, auch auf das Risiko hin, dass diese dann angefochten werden könnten. Letztendlich hat man es dann gelassen. Bereits zu diesem Zeitpunkt stellte der Delegierte Schröger erstmalig den Antrag darüber abzustimmen, ob die Delegierten denn wenigstens dem Wahlausschuss ihr Misstrauen aussprechen dürften. Vorerst leider ohne Folgen, aber eben nur vorerst. Es folgten die Berichte von Präsidium, Schatzmeister, Aufsichtsrat und Revisoren. Beim Bericht des Aufsichtsrats konnte man nun Sepp Hilz, seit seinem legendären Auftritt bei Blickpunkt Sport die Personifizierung des Zustands dieses Vereins, live und in Farbe erleben.

Bei der Aussprache kam es dann nochmals zu heftigen Wortwechseln. Sehr gut war ein Beitrag mit der Feststellung, dass, nach dem was der Verein sich an diesem Abend geleistet habe, es es niemand mehr wagen solle zu behaupten, irgendjemand würde durch die Bekanntgabe seiner Kandidatur für ein Vereinsamt dem Ansehen des Vereins schaden. Das mache die jetzige Vereinsführung nämlich schon selber. Herbert Schröger, der seinen Antrag inzwischen fünfmal gestellt hatte, setzte sich endlich durch. Mit überragender Mehrheit sprachen die Delegierten dem Wahlausschuss ihr Misstrauen aus. Damit war nun auch dem letzten klar, welche Mehrheitsverhältnisse in der Delegiertenversammlung tatsächlich herrschen. Alle, die darauf spekuliert hatten, dass es unter den Delegierten auf Seiten von Pro 1860 keine Geschlossenheit gäbe, wurden hier eines besseren belehrt.

Diese Abstimmung hatte zwar keine juristische Konsequenzen, aber sehr wohl moralische, wie es OB Ude später ausdrückte. Leider sah der Wahlausschuss das anders, denn anstatt die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten, versuchten Volkmann und Co. ihr Tun weiter zu rechtfertigen. Da Volkmann tags darauf doch seinen Rücktritt erklärte, sparen wir uns die Einzelheiten hierzu und erwähnen lediglich, dass sich der Kraus Jackl durch seinen Auftritt einen Platz in der Ehrengalerie des TSV gleich neben Sepp Hilz redlich erworben hat. Interessant waren die Ausführungen des vom Verein hinzugezogenen Anwalts während der Aussprache. Der vertrat die Ansicht, dass es durchaus auch andere Möglichkeiten gegeben hätte, die Satzung hinsichtlich der Aufsichtsratswahl auszulegen, als auf der starren Blockwahl mit nur einer und auch nur komplett zu wählenden Liste zu beharren. Hatte etwa der Wahlausschuss sich nicht von den Juristen des Vereins bei seiner Arbeit beraten lassen? Dieser Verdacht passte zu den Peinlichkeiten dieses Abends wie die berühmte Faust aufs Auge. Die Beteuerungen der verantwortlichen Herren, man habe erst grade eben einen Ladungsfehler erkannt, wurden mehrfach widerlegt und letztendlich von OB Ude vom Tisch gefegt. Der fragte die Funktionäre mit mildem Spott, ob man denn etwa darauf gehofft habe, dass sich das Vereinsrecht seit letzter Woche verändert hätte. Ein durchaus beeindruckender Auftritt des OB. Er schrieb Wahlausschuss und Präsidium ins Stammbuch, dass sie unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mehrheiten dafür Sorge zu tragen hätten, dass bei der nächsten Versammlung ohne irgendwelche Pannen über einen mehrheitsfähigen Aufsichtsrat abgestimmt werden könne. Von Pro 1860 wurde dies dankbar zur Kenntnis genommen und jede Bereitschaft zur Zusammenarbeit angekündigt. Kandidat Steiner schloss sich dem dann auch an, allerdings nicht ohne einen völlig überflüssigen Seitenhieb auf Karsten Wettberg. Es war eben der Abend der Peinlichkeiten. Die nächste war Hohlmeier, die nicht nachvollziehbarerweise der Meinung war, auch noch etwas beitragen zu müssen, und versuchte, die Angriffe auf Wettberg in den letzten Tagen und Wochen zu begründen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die abgehalfterte Ministerin mit einer rot-weißen Bluse und einer roten Jacke bekleidet war. Schließlich meldete sich dann noch Dr. Ziffzer zu Wort, der immerhin für seine einleitenden Worte: »Eigentlich habe ich hier gar nichts zu suchen« starken und länger anhaltenden Beifall erhielt. Er sprach ungerührt weiter und forderte in Ruhe einen nicht öffentlichen Konsens zu finden. Franz Hell erwiderte, dass sich daran aber auch die Geschäftsstelle des TSV zu halten habe. Was von diesem Abend bleibt, sind folgende Erkenntnisse:

1.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass dieser Verein ganz dringend eine Erneuerung braucht, an diesem Abend wurde er geliefert.
 
2.
Pro 1860 hat bewiesen, dass es stärkste Kraft in der Delegiertenversammlung ist und durch professionelles und energisches Auftreten seiner Frontleute, resp. geordnetes und diszipliniertes Verhalten der ihm nahe stehenden Delegierten, gezeigt, dass alle Vorwürfe haltlos sind, es handele sich um eine junge, unerfahrene Chaotentruppe. Wer im Verein Chaos veranstaltet, wurde heute überdeutlich. Gewinner des Abends waren eindeutig Pro 1860 und die Zukunftsfähigkeit des TSV.
 
3.
Die Löwenlounge ist kein Ort, an dem man öfters seine Zeit verbringen sollte. Das Catering war miserabel. Das hier gereichte Schnitzel war mit das schlechteste, das ich je gegessen habe. Trotz allem und vermutlich auch gerade deshalb bleibt dieser Verein für mich aber das, was er immer war, was er ist und immer sein wird. DER GEILSTE VEREIN DER WELT.
 

Delegiertenversammlung vom 2.12.06

Da stand ich also nun an diesem 2.Dezember 2006 gegen 18.00 Uhr im Tegernseer – das dritte Dunkle in der Hand, den Blick auf die Videos aus Bayernligazeiten gerichtet – und sinnierte über den TSV München von 1860 e.V. Gerade war ich von der Delegiertenversammlung gekommen. Es war es geschafft: Der Wahlkrampf war vorüber; neun neue Aufsichtsräte waren gewählt. Und jetzt? Ja, was jetzt? Wird jetzt alles anders? Beginnt jetzt wirklich eine neue Zeit bei den Löwen? Wird jetzt alles wieder gut?

Aber der Reihe nach:
Nach dem Debakel vom 23.10. machte ich mich am späten Vormittag eines sonnigen Samstages erneut auf den Weg zu einer Delegiertenversammlung des TSV 1860. Diesmal nicht in die Arena, sondern zum Nockherberg. In der U-Bahn drängte sich mir dann angesichts hässlicher Gestalten mit hässlichen Schals und hässlichen Trikots schnell der Verdacht auf, dass dieser Ortswechsel wohl damit zusammen hing, dass unser Vermieter seine Arena an diesem Tag selbst zu nutzen gedachte. Ob wir wohl deswegen die Versammlung beim Getränkesponsor des Eigentümers durchführten, um zumindest eine gewisse Kompensation für entgangene Mietzahlungen zu erbringen? Ach, was wäre dieser Verein ohne Verschwörungstheorien!

Mir sollte es recht sein, denn neben der besseren Anreisemöglichkeit kam ich auch gleich in den Genuss eines weiteren Vorteils dieses Ortswechsels. Da der Verein als Entschädigung für die Show vom 23.10. eine Einladung zum Mittagessen ausgesprochen hatte, saß ich nun vor einem akzeptablen Schweinsbraten und einem kühlen Bier. Kulinarisch war dies definitiv eine Steigerung zum letzten Mal, was aber auch nicht besonders schwer war. In der Löwenlounge hatte ich schließlich das schlechteste Schnitzel meines Lebens gegessen, das ich auch noch selbst bezahlen musste. Da soll noch einer sagen, es gäbe keine positiven Entwicklungen bei 60.

Die Versammlung selbst war dann recht unspekakulär. Das Präsidium Auer wurde entlastet, das Präsidium Lehner ebenfalls und sodann bestätigt. Das hatte sich sicher so mancher – ich auch – anders gewünscht.

Nicht entlastet wurde der Aufsichtsrat als Ganzes, was allerdings erst nach mehrmaliger Abstimmung feststand. So musste also jeder AR einzeln entlastet werden – was bei sechs von ihnen auch so geschah. Nicht entlastet wurden die AR Hohlmeier, Burkei und Hilz. Wobei man anmerken muss, dass Stimmenthaltungen als »nicht anwesend« gewertet wurden. So sprachen sich nur 89 der 209 Delegierten ausdrücklich für eine Entlastung Lehners für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrat aus, gegen 77 Nein-Stimmen. Knapper geht es kaum. Die große Watschn für den alten Kader blieb also aus. Dennoch konnte es sich unser oberster Buchhalter nicht verkneifen, die Abstimmungsergebnisse zu kommentieren und uns zu erklären, dass wir von der rechtlichen Bedeutung der »Entlastung« keine Ahnung hätten, und es uns gar nicht zustünde, diese zu verweigern. Die SZ wertete dies als »mutig«. So mancher Politiker dürfte sich nun wohl wünschen, dass der eine oder andere Schreiberling vom Sport in die Politik wechselt. Wählerschelte und der daraus sprechende Mangel an Respekt vor der souveränen Entscheidung der Wählenden werden in der Politik nämlich nur selten als »mutig« bezeichnet. Vielmehr gibt es dafür in der Regel zu Recht was um die Ohren. Abgesehen davon hat Ziffzer hier wieder mal seine Nase in etwas gesteckt, was ihn nichts angeht. Erfreulich daher, dass er vom Sepp Wensauer auch umgehend die entsprechende Antwort bekam. Das wurde später in der Presse nicht erwähnt, auch nicht, dass das der Beitrag mit dem stärksten Applaus an diesem Tag war. Überhaupt das Thema Redebeiträge: Diese mussten dieses Mal schriftlich angemeldet werden, was eine heftige Debatte von vornherein unmöglich machte. Darüber, ob hier Schrögers Hartnäckigkeit, mit der er am 23.10. die erfolgreiche Misstrauensabstimmung gegen den Wahlausschuss durchgesetzt hatte, noch nachträglich Wirkung zeigte, kann nur spekuliert werden. Die Wahl des neuen Aufsichtsrats war dann eher unspektakulär. Mit 189 Ja-Stimmen war das Ergebnis deutlich. Die Presse verkündete denn auch – beinahe schon enttäuscht –, dass das Chaos bei 60 (diesmal?) ausgeblieben sei.

So, und jetzt? Ich weiß es nicht. Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, dass sich das sehr breite Spektrum der so genannten »unorganisierten« Fans unter einem Dach zusammen findet, die Mehrheit der ARGE bei den Delegierten brechen, und am Ende vier Aufsichtsräte stellen könnte, ich hätte ihn gefragt, welche Drogen er nimmt. So betrachtet, wurde unglaublich viel erreicht.

Wenn ich aber an das erste Delegiertentreffen der »Unorganisierten« in der Stadionwirtschaft zurück denke, bei dem eine so starke Aufbruchsstimmung und Begeisterung herrschte, dann bleibt jetzt eine ziemliche Ernüchterung. Wie wir da am Ende dastanden und den 60er-Marsch sangen, da hatte ich große Hoffnungen, dass daraus etwas Außergewöhnliches bei 60 werden könnte.Wir wollten, wenn schon nicht die Welt, dann doch zumindest den TSV von Grund auf verändern. Und was haben wir letztendlich gemacht? Wir haben einen Aufsichtsrat gewählt, von dessen neun Mitgliedern nur vier tatsächlich die sind, die wir haben wollten. So betrachtet, ist das Ergebnis eher wenig beeindruckend.

Dennoch: Wir haben uns auf den Marsch durch die Institutionen bei 60 gemacht, das Ergebnis ist offen. Es bleibt viel zu tun!

         (Alex)

 


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