Loewenmut

Das Fanzine für alle Löwenfans und den Rest der Welt

Aus Heft 5: Der Arena-Test

Auch eine Regierungsdelegation aus Südafrika besuchte und testete neulich die Arena im Hinblick auf die WM 2010. Sachkundig beantwortete der eine Löwen-Kawatte tragende Delegationsleiter Mzwandile Kibi eine darauf abzielende Journalisten-Frage: »Ich trage eine Krawatte der Löwen und nicht des FC-Bäh, weil ich ein Fan der Sechzger bin. Sie sind einfach der ältere und traditionellere Verein in München.«
1. Die Anfahrt

Sie liegt schon sehr weit draußen vor der Stadt. Das U-Bahnfahren macht keinen Spaß, es dauert zu lange, die Züge sind zu voll, und wenn ein paar Leute zu Singen anfangen, besteht die Gefahr, dass sie beim nächsten Bahnhof nicht mehr weg kommen, denn nach dem Singen kommt das Hüpfen, und das vertragen die Züge nicht. Oder jemand steht in der Türe: Das mögen die Züge auch nicht, und schon verdoppelt sich die für die Heimfahrt zum Ostbahnhof benötigte Zeit auf 2 Stunden. 9 Spiele sind 18 Fahrten, davon zwei Mal stecken geblieben: Diese Erfahrung verdanke ich nach 30 Jahren U-Bahnfahren der Arena. Ist Fröttmanning erreicht, erwartet einen noch diese sogenannte Esplanade – im Sommer eine ausgedörrte Wüste, im Winter ein Windregenschneekanal. An Trostlosigkeit kaum zu überbieten. Die Wanderung durch den Olympiapark war vergleichsweise ein Naturschauspiel.

2. Die Arena

Nach dem dritten Spiel wird die Hülle zum Alltag, beim Gehen blickt man schon nicht mehr zum blauen Luftballon zurück. Innen fehlt die blaue Farbe, selbst im Hacker-Fantreff kann man an der Einrichtung nicht den Verein erkennen. Die Kartenzahlerei hat Vor- und Nachteile. Wenn einer in der Reihe vor dir 4 Bier mit 3 Karten bezahlt, dann wünschst du dir den Euro zurück. Aber es kann durch die Karten auch sehr viel schneller gehen. Die Verpflegung ist besser geworden, was aber weniger an der Arena liegt, als an dem neuen Caterer und dem Zugeständnis, bei »normalen« Spielen echtes Bier und Glühwein auszuschenken. Das Versprechen, uns aus der kalten Betonschüssel zu retten, hat nur teilweise funktioniert: Je nach Windrichtung werden bei Regen trotz Dach im Unterrang die teuren Sitze auf der Haupttribüne oder der Gegengerade nass. Der Belüftung des Rasen zuliebe wurde auf Türen verzichtet, dies macht die Arena zum windigsten Stadion, das ich kenne. Betroffen sind alle Rolli-Plätze und die obersten Reihen des Unterrangs. Die schnell angebrachten ca. 1,5 m hohen Glasplatten vor den Rollis auf der Haupttribüne halten den Wind nicht ab, sondern erzeugen bestenfalls Eishockey-Feeling. Bei der Sicht und der Lautstärke ist die Arena natürlich wie alle neugebauten Stadien nahe am Geschehen. Die Rolli-Plätze sind super. Das Dach sorgt für die notwendige Lautstärke, leider nicht nur für die Heimmannschaft. Die Stehplätze sind noch gewöhnungsbedürftig, insbesonders ist nicht nachvollziehbar, wieso bei uns die Sitzplätze 1:1 in Stehplätze umgewandelt werden. Wie man hört, soll auch eine höhere Verdichtung (1:1,2) möglich sein. Die Auslastung der Arena ist, abgesehen vom Pokalfight gegen Duisburg, gut. Ob der Oberrang geöffnet wird, ist für Optik und Stimmung unwichtig. Dem Kommerz sind noch mehr Möglichkeiten geopfert worden, Zaunfahnen aufzuhängen. Es bleiben nur noch die Geländer vor den Rolli-Plätzen. Dadurch wirkt das Stadion noch steriler, als es ohnehin ist. Ansonsten kann man dem Kommerz dankenswerterweise aus dem Weg gehen, indem man die Shops auf Ebene 3 schlicht und einfach ingnoriert. Der Hacker-Fantreff ist eine Möglichkeit, der drangvollen Enge auf dem Heimweg zu entgehen. Er ist nach den Spielen sehr gut besucht. Besonders nach Braunschweig war die Stimmung gigantisch, allerdings immer argwöhnisch beäugt von Security und Polizei, die dann auch gleich für die Zukunft das Trommeln im Treff verboten haben. 2 Stunden nach Spielende wird das Restaurant rigoros geräumt. Auch jetzt fast am Ende der Hinrunde kennen sich die Securityleute da draußen immer noch nicht aus. Es gibt fast keine Wegweiser, man ist immer noch ständig auf der Suche nach irgendwas.

3. Die Sicherheit

Dresden war als Sicherheitsspiel eingeordnet. Schon entlang der ganzen Esplanade war eine Art Fansortieranlage aufgebaut: Mit Gittern und großen Plakaten wurden die Gästefans nach links dirigiert und wir nach rechts. Kontrolliert wurde dies nicht, am Stadion waren dann auch die meisten Dresdner am auch innen abgesperrten Gästeblock. Der Rest der Dresdner durfte sich im Heimblock uneingeschränkt tummeln und teilweise auch produzieren. Nach dem Spiel waren die Trennzäune verschwunden, beide Fangruppen teilten sich die nur düster beleuchtete Esplanade. Die Polizei war – von 2 Einsatzwagen abgesehen – nicht zu sehen, die warteten lieber unten am Busbahnhof. Was wäre los gewesen, wenn die Löwen am Ende das Spiel zu einem 3:2 gedreht hätten.

Fazit: Es zeigt sich durchaus, dass die Arena und die notwendige Infrastruktur überschnell geplant und aus dem Boden gestampft wurden. Andererseits bin ich mit noch schlimmeren Erwartungen rausgefahren.

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